Jede sexuelle Handlung die an, mit oder vor Kindern und Jugendlichen gegen deren Willen vorgenommen wird oder der sie aufgrund körperlicher, seelischer, geistiger oder sprachlicher Unterlegenheit nicht wissentlich zustimmen können, wird als sexueller Missbrauch oder sexuelle Gewalt definiert. Der Täter oder die Täterin nutzt dabei seine/ihre Macht- und Autoritätsposition aus, um eigene Bedürfnisse auf Kosten Minderjähriger zu befriedigen. Bei unter 14-Jährigen ist grundsätzlich davon auszugehen, dass sie sexuellen Handlungen nicht zustimmen können. Sexuelle Handlungen sind immer als sexuelle Gewalt zu werten, selbst wenn ein Kind ausdrückt, dass es einverstanden ist, oder ein Täter oder eine Täterin dies so interpretiert.
Unabhängig davon, wie schwerwiegend die Handlungen sind und ob sie strafbar sind oder nicht: Sexueller Missbrauch ist ein Angriff auf die ganze Person des Kindes, auf sein Grundvertrauen und seine psychische und körperliche Unverletzlichkeit (Integrität). Sexueller Missbrauch führt bei den Betroffenen zu Erfahrungen von großem Vertrauens- und Kontrollverlust, Ohnmacht, Demütigung, Scham und Ekel.
Wer sind die Täter:innen?
Sexueller Missbrauch wird in etwa 75 bis 90 Prozent der Fälle durch Männer oder männliche Jugendliche ausgeübt, zu etwa 10 bis 25 Prozent durch Frauen und weibliche Jugendliche.
Ein einheitliches Profil von Tätern oder Täterinnen gibt es nicht: In diversen (internationalen) Studien werden unterschiedliche Faktoren herausgestellt, die dazu führen, dass Täter oder Täterinnen Kindern oder Jugendlichen sexuelle Gewalt antun. Als ein wesentliches Motiv gilt in vielen Fällen der Wunsch, Macht auszuüben und durch die Tat ein Gefühl von Überlegenheit über eine Person zu erlangen. Bei einigen Tätern und wenigen Täterinnen kommt eine sexuelle Fixierung auf Kinder hinzu, die sogenannte Pädosexualität.
Sexueller Missbrauch findet größtenteils im nahen sozialen Umfeld von Kindern und Jugendlichen statt. Dazu gehören Angehörige, der Freundes- und Bekanntenkreis der Familie oder auch Mitarbeitende in Bildungs-, Sport- und Freizeiteinrichtungen. In den meisten Fällen erleiden Kinder und Jugendliche sexuelle Gewalt in ihrer Kernfamilie. In all diesen Fällen, in denen der Täter oder die Täterin hohes Ansehen bei den Eltern genießt oder eine Respektsperson für die Familie ist, ist es für Kinder und Jugendliche besonders schwer, Hilfe zu erhalten. Sie können sich kaum vorstellen, dass ihnen geglaubt wird und dass sie Unterstützung erhalten.
Je näher der Täter oder die Täterin dem Kind oder Jugendlichen steht, umso schwerer ist es für die Betroffenen, sich aus den Macht- und Abhängigkeitsstrukturen zu lösen und sich Hilfe zu holen.
Quelle: Unabhängige Beauftragte für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs